Offener Brief vom 01.12.2025 an demokratische Parteien in Rosenheim

Innerfamiliären Gewaltschutz für Frauen in Rosenheim stärken


Sehr geehrte Damen und Herren,

wie wir alle vor einer Woche am 25.11.2025, dem internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen, wieder sehen mussten: die aktuelle Lage beim Schutz von Frauen vor innerfamiliärer Gewalt ist alarmierend – bundesweit und auch in unserer Stadt. Deswegen wenden wir uns heute mit diesem wichtigen Anliegen in einem offenen Brief an alle demokratischen Parteien in unserer Stadt.

 

Die Zahlen sprechen für sich: Allein im südlichen Oberbayern wurden im letzten Jahr über 2.500 Fälle häuslicher Gewalt registriert. Die Tatverdächtigen sind überwiegend männlich – Partner, Ex-Partner und männliche Angehörige.

Gleichzeitig fehlen nach Schätzungen des Vereins „Frauenhauskoordinierung e.V.“ bundesweit mehr als 12.000 Plätze in Frauenhäusern. Auch die oberbayerischen Frauenhäuser sind chronisch überlastet. Mitte November 2025 musste das Frauenhaus Rosenheim-Traunstein melden: Keine Aufnahme möglich.

 

Das Gewalthilfegesetz reicht zurzeit nicht aus

Das im Februar 2025 verabschiedete Gewalthilfegesetz verpflichtet die Bundesländer zwar zum bedarfsgerechten Ausbau des Hilfesystems. Doch erst in sieben Jahren tritt es vollständig in Kraft. Erst dann haben Frauen und ihre Kinder einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung.

Sieben Jahre sind zu lang. In dieser Zeit werden weiterhin Frauen keinen ausreichenden Schutz finden.

 

Kommunen können jetzt handeln

Als Wählerinnen erwarten wir von Ihnen – rund drei Monate vor der Kommunalwahl – verbindliche Maßnahmen. Jede Kommune kann bereits jetzt aktiv werden. Wir erwarten schon jetzt, folgende vier Punkte umzusetzen bzw. in Ihr Wahlprogramm für die Umsetzung direkt nach der Kommunalwahl aufzunehmen:

 

1. Professionelle Fallkonferenzen etablieren

- Zusammenführung aller relevanten Akteure (Polizei, Jugendamt, Justiz, Beratungsstellen)

- Einsatz moderner Instrumente zur Risikobewertung

- Fortbildungen zu häuslicher Gewalt für Entscheider in Sorge- und Umgangsrechtsfragen

- Sensibilisierung: Gewaltschutz muss Vorrang vor Umgangsrecht haben

 

2. Betroffenenbeirat einrichten

So wie es bereits einen Jugendbeirat in Rosenheim gibt, brauchen wir einen Betroffenenbeirat, in dem Menschen mit Gewalterfahrung ihre Perspektive einbringen können. Ihre Expertise ist unverzichtbar für wirksame Schutzmaßnahmen – gerade, weil Gewaltschutz meist hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.

 

3. Finanzierung für Schutz stärken
Frauenhäuser, Schutzwohnungen und Beratungsstellen benötigen finanzielle Priorität. Stellen Sie kommunale Mittel bereit und zeigen Sie, dass Ihnen der Schutz von Frauen wichtig ist.

4. Transparenz schaffen

Wir fordern außerdem eine jährliche öffentliche Bilanz zum Gewaltschutz mit folgenden Informationen – transparent und ehrlich:

- Fallzahlen und Gewaltarten in Rosenheim

- Entwickelte Maßnahmen und eingesetztes Budget

- Umsetzungsstand und Erfahrungen

- Schlussfolgerungen für das Folgejahr

 

Diese Bilanz soll alle Aktivitäten umfassen – einschließlich des seit rund 25 Jahren bestehenden Runden Tisches „Häusliche Gewalt”.

 

Unser Appell

Uns ist bewusst, dass noch viel mehr notwendig ist. Doch diese vier Forderungen können alle demokratischen Parteien sofort umsetzen bzw. aufnehmen. Als Wählerinnen freuen wir uns natürlich sehr, wenn Sie unsere Belange ernst nehmen und unsere konkreten Lösungen auf Ihre Agenda setzen.

 

Wir bitten um Ihre Rückmeldung zu unseren Vorschlägen bis zum 15. Januar 2026 und werden unsere Vorstellungen und Ihre Antworten auch der Öffentlichkeit zugänglich machen.

 

Mit freundlichen Grüßen

OMAS GEGEN RECHTS Rosenheim